Auf ZEITONLINE schreibt Jochen König: "[…] ich habe mir überlegt, wie schön es für ein Kind sein könnte, wenn überhaupt niemals die Gefahr bestünde, dass die Eltern sich trennen […]"
Ein Vater projiziert also seine eigenen Erwartungen über das kindliche Glück in das selbst gewählte Elternmodell.
"Ständig unausgeschlafen sein, keine Zeit mehr zu zweit zu haben und das Bewusstsein, dass sich daran so schnell auch nichts mehr ändern wird – all das ist nicht die beste Basis für eine dauerhaft gelingende Beziehung. Nach etwa zwei Jahren mit Kind stehen viele Paare vor der Entscheidung: Trennung oder ein zweites Kind? Wir, Fritzis Eltern, haben uns getrennt. Für das zweite Kind musste ich eine andere Lösung finden."
Klingt erstmal nach der idealen Elternschaft: lernfähig, lösungsorientiert und immer das Wohl des Kindes im Fokus. Ignoriert zu werden scheint dabei allerdings der Umstand, dass zum Leben auch Krisen wie z.B. eine Trennung der gemeinsamen Eltern gehören und dass nicht jedes Trennungskind zwangsläufig dadurch ins Verderben stürzt. Außerdem: Schleppen Kinder die in Elternhäusern ohne Trennungsgeschichte aufwachsen etwa keine traumatischen Erlebnisse mit sich herum, welche sich später im Erwachsenenalter in ihren Projektionen auf Partner oder Kinder zu äußern riskieren?
Das von "Mama Jochen" und seiner Freundin gewählte Elternmodell zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass beide Eltern ihr Kind vor einer etwaigen Trennung schützen wollen indem sie ganz bewusst eine partnerschaftliche Liebesbeziehung der Eltern vermeiden. Damit liegt es voll im heutigen Trend, Kinder vor allen möglichen Gefahren beschützen zu wollen.
Das eigentliche gesellschaftliche Problem, nämlich, dass der heutige LEISTUNGsorientierte ERFOLGsmensch, der in der gesellschaft als INDIVIDUUM erkannt werden möchte, zunehmend unfähiger zu werden scheint, sich auf dauerhafte tiefgründige zwischenmenschliche Beziehungen jenseits eines "Likes" oder ♥️ einzulassen, wird dagegen wohl kaum dadurch gelöst werden, dass Kinder die Trennung ihrer Eltern bereits vor der Zeugung in Kauf nehmen müssen.